Fragen an einen Wanderer

Sag, wo bist du gewesen, mein Freund?

Ich war in einem Land,
in dem grauer Beton zum Himmel wächst
und Industrie Krebsgeschwüren gleich wuchert,
aus Schloten quillt schwärender Pesthauch,
aus Abflußrohren schießt zersetzende Säure,
Reaktoren überziehen wie Pocken das Land
und Autobahnen zerhacken es in kleine Stücke.

Sag, was hast du gesehen, mein Freund?

Ich habe viel gesehen,
ich sah eine Armee von weißen Helmen,
eine unendliche Reihe von durchsichtigen Schildern,
Mannschaftswagen patroullieren durch die Straßen
und kalte Prismenobjektive mustern die Runde.
Ich sah Uniformen an jeder Ecke und Knüppel,
so viele, viele Knüppel.

Sag, was hast du gehört‚ mein Freund?

Ich habe viel gehört,
ich hörte Marschmusik durch die Nacht weh‘n,
schwere Stiefel hämmerten im Takt
und Explosionen brachen sich an den Hauswänden.
Ich hörte Fanatismus in den Reden,
Stimmen brüllen wieder „Sieg Heil“
und bei jedem Atemzug speien sie Haß und Unmenschlichkeit.

Sag, wen hast du getroffen, mein Freund?

Ich habe Menschen getroffen,
Menschen, Schatten ihrer selbst,
Menschen, engstirnig‚ mit starrem Blick,
Menschen, Sklaven des Geldes, willenlos dem Diktat der Zeit,
Menschen, allein, in steinernen Ghettos,
Menschen, die in Kloake und Müll vegetieren,
Menschen, in Baracken geschoben zum Sterben.

Sag, was hast du gefühlt‚ mein Freund?

Ich habe Angst gefühlt,
Angst, vor dem verlorenen Frieden,
Angst, vor der zerstörten Natur,
Angst‚ vor der Überwachung,
Angst, vor der Ignoranz,
Angst‚ vor der Einsamkeit,
Angst, vor der Zukunft.